netzwerkB Pressemitteilung vom 17. März 2015
http://netzwerkb.org/2015/03/17/mythos-fuhrungszeugnis/
Zum Mythos der Sinnhaftigkeit der Vorlagepflicht von Führungszeugnissen.
Wir fordern die Politik auf, den Mythos der Sinnhaftigkeit der
Vorlagepflicht von Führungszeugnissen nicht weiter zu verbreiten:
Führungszeugnisse sind keine geeignete Präventivmaßnahme.
Die Verpflichtung zur Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse bei der
Bewerbung um eine Anstellung in einer Einrichtung, welche hauptsächlich
Kinder und / oder Jugendliche betreut oder in welcher diese beschäftigt
werden, führt faktisch nicht zur Verbesserung des Schutzes der Kinder und
Jugendlichen vor Pädo-Kriminellen.
Zunächst ist zwingend zu beachten, dass eine Verfahrenseinstellung gemäß
§ 153 oder 153a StPO, wie zuletzt im Fall Edathy bekannt geworden, aus
einem solchen Führungszeugnis gerade nicht hervorgeht, sondern lediglich
etwaige Verurteilungen.
Dies ist für Beschuldigte / Täter gerade einer der Haupt-Anreizpunkte
einer Verfahrenseinstellung zuzustimmen und eine (häufig medienwirksame)
Verurteilung zu vermeiden.
§ 153 StPO wird angewandt, wenn aus Sicht der Staatsanwaltschaft die
Schuld des Beschuldigten als gering einzustufen ist. Die häufigere
Verfahrensweise ist jedoch das Vorgehen nach § 153a StPO, das heißt,
einer Verfahrenseinstellung gegen eine Auflage – im Regelfall die Zahlung
eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse
oder das Ableisten gemeinnütziger Arbeit.
Ein potentieller Arbeitgeber kann folglich aus einem vorgelegten
Führungszeugnis nicht erkennen, ob gegen den Bewerber bereits ein
Ermittlungsverfahren wegen pädokriminellen Tat geführt wurde.
Die Vorlage eines „erweiterten“ Führungszeugnisses, wie es etwa
Staatsanwaltschaften und Gerichte anfordern können, kann allenfalls bei
Bewerbern um Ämter des öffentlichen Dienstes / Richterämter und
dergleichen verlangt werden.
Ausschließlich aus diesen Führungszeugnissen sind auch etwaige
Verfahrenseinstellungen ersichtlich.
Insbesondere privat geführte Einrichtungen, Vereine, etc. können folglich
aus einem Führungszeugnis keineswegs erkennen, ob der Bewerber / die
Bewerberin bereits in pädokrimineller Weise in Erscheinung getreten ist,
wenn keine entsprechende Verurteilung vorliegt.
Zu berücksichtigen ist zudem in diesem Zusammenhang, dass von der
Möglichkeit der Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO, also gegen die
Erfüllung von Auflagen, auch bereits durch die Staatsanwaltschaften
häufig Gebrauch gemacht wird, zahlreiche Verfahren folglich gar nicht erst
bei den Gerichten eingehen und somit bekannt werden.
Eine konkrete Anzahl der Verfahren, in welchen es zu Einstellungen gemäß
§ 153 oder 153a StPO durch die Staatsanwaltschaften kommt, ist nicht
bekannt. Die jeweiligen Staatsanwaltschaften und die jeweiligen
Justizministerien der 16 Bundesländer werden aufgefordert, hierzu
entsprechende Daten zu veröffentlichen.
Gleiches gilt hinsichtlich der Anzahl der Verfahren, in welchen es zu
Einstellungen gemäß § 153a StPO durch die Gerichte (mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft) kommt.
Hierzu müsste neben den Länder-Justizministerien auch der Deutsche
Richterbund Daten veröffentlichen.
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Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091
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