Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. *Art.1, Abs.1 GG*

http://wolfsrebellen-netz.forumieren.com/f11-wolfsrebellen-paperli

Creative Commons Lizenzvertrag

Besucherzaehler
Flag Counter




http://www.naiin.org/

Keine Bestimmung der vorliegenden Erklärung darf so ausgelegt werden, dass sich daraus für einen Staat, eine Gruppe oder eine
Person irgendein Recht ergibt, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu setzen, welche auf die Vernichtung der in dieser
Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten abzielt. *Artikel 30 aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.*






Spenden und helfen

    „Wie Salz in tiefen Wunden“


    lupa
    admina


    Alter 75
    Laune hab Laune

    „Wie Salz in tiefen Wunden“ Empty

    „Wie Salz in tiefen Wunden“ Empty „Wie Salz in tiefen Wunden“

    Beitrag von lupa Sa 26 Apr 2014, 12:24

    netzwerkB Pressemitteilung vom 25.04.2014:
    http://netzwerkb.org/2014/04/25/wie-salz-in-tiefen-wunden/

    Norbert Denef wurde von einem Priester missbraucht und kritisiert die
    Heiligsprechung von Johannes Paul II.

    Herr Denef, mit welchem Gefühl blicken Sie auf die Heiligsprechung von
    Johannes Paul II. am Sonntag auf dem Petersplatz in Rom?

    Denef: Das tut einfach weh. Das ist wie Salz in tiefen Wunden, die immer
    noch offen sind. Mein Fall beweist, dass Johannes Paul II.
    hauptverantwortlich für das Vertuschen und Verschweigen vieler Verbrechen
    ist.

    Was ist Ihnen passiert?

    Meine persönliche Geschichte ist nicht wichtig, aber ein Fall, der
    stellvertretend für viele andere steht. Ich wurde bis zu meinem 16.
    Lebensjahr von einem Priester sexuell missbraucht, bis ich 18 Jahre alt war
    auch vom Leiter eines Kirchenchors. Ich habe 35 Jahre lang geschwiegen.

    Was ist anschließend passiert?

    1996 habe ich den ersten Täter angezeigt, erst zehn Jahre später konnte
    ich auch den zweiten Täter benennen. Ich war psychologisch blockiert. Als
    ich 2003 eine Entschädigung von der katholischen Kirche forderte, bot mir
    das Bistum Magdeburg 25 000 Euro an, unter der Bedingung, dass ich wieder
    schweigen würde. Ich konnte aber nie wieder schweigen, auch nicht, wenn
    sie mir zehn Millionen Euro geboten hätten.

    Welche Rolle hatte Johannes Paul II. in Ihrer Geschichte?

    In meiner Verzweiflung dachte ich, jetzt wende ich mich an den Chef der
    gesamten Institution. Ich hatte die ehrliche Hoffnung, dass der Papst den
    Bischof von Magdeburg maßregeln könnte, der mich wieder zum Schweigen
    bringen wollte. Nach einem halben Jahr kam der Brief aus Rom.

    Was stand da drin?

    Mir ging es damals schlecht, ich war in einer Psychoklinik. Am 27. April
    2004, exakt zehn Jahre vor der Heiligsprechung am Sonntag, kam dieser
    versiegelte, beinahe mystisch wirkende Brief aus dem Vatikan. Der Papst
    schrieb mir, dass er für mich beten würde und ermutigte mich, für meine
    innere Heilung und die Kraft der Vergebung zu bitten. Wen sollte ich jetzt
    noch fragen? Es war, als sei ein Licht ausgegangen. Kurz darauf versuchte
    ich mir, das Leben zu nehmen. Der Versuch schlug fehl.

    Johannes Paul II. wird vorgeworfen, den mexikanischen Priester und Gründer
    der Legionäre Christi Marcial Maciel Degollado, der Dutzende Kinder und
    Jugendliche missbrauchte, gedeckt zu haben oder auch den ehemaligen
    Bostoner Bischof Bernard Francis Law. Warum machen Sie Wojtyla persönlich
    verantwortlich?

    Auch wenn er damals schon nicht mehr gesund war, hatte er doch die
    Verantwortung für seinen Betrieb. Dass er oder seine Leute mich
    aufforderten, zu beten und alles unter der Decke zu halten, ist der Beweis
    dafür, dass weiterhin vertuscht werden sollte. Das ist ungerecht. Da kann
    sich niemand herausreden. Er hat in den 26 Jahren seines Pontifikats
    verschwiegen, verleugnet und vertuscht, obwohl er genau gewusst hat, was da
    abgelaufen ist.

    Warum sind Sie sich so sicher, dass der Papst Bescheid wusste?

    Ich habe 2003 die gesamte Dokumentation meines Falles an den Vatikan
    geschickt. Es passierte nichts, bis heute. Es ist ein Verbrechen, jemanden
    zum Schweigen zu zwingen, der schon 35 Jahre lang geschwiegen hat. Und das
    nur, damit die Kirche keinen Schaden nimmt.

    Wieviele Menschen in Deutschland wurden Opfer sexueller Gewalt durch die
    katholische Kirche?

    Seriös kann man das nicht beziffern. Ich habe allein 20 000 Zuschriften
    anderer Opfer bekommen, seit ich an die Öffentlichkeit gegangen bin. Die
    Dunkelziffer ist gigantisch, die meisten nehmen ihre Erinnerungen mit ins
    Grab.

    Was müsste aus Ihrer Sicht geschehen?

    Die staatlichen Verjährungsfristen müssen aufgehoben werden, denn die
    Opfer wagen, wenn überhaupt, oft erst nach Jahrzehnten, die Taten
    anzuzeigen. Außerdem müssten die Verbrechen von externer Seite
    aufgeklärt werden. Wenn die Mafia sagen würde, wir klären unsere
    Verbrechen selbst auf, würden sich alle an den Kopf fassen. Verbrecher
    können ihre eigenen Verbrechen nicht wirkungsvoll aufklären, auch die
    Kirche nicht.

    Dabei gibt es doch Bestrebungen zur Aufklärung, auch Benedikt XVI. wurde
    gelobt, er habe viel bei der Aufklärung bewirkt.

    Diese Ansichten werden in den Medien verbreitet. „Benedikt entlässt 400
    Priester“, solche Schlagzeilen. Ratzinger war die rechte Hand Wojtylas.
    Was hat er als Papst denn für die Opfer getan? In Deutschland speist man
    die Opfer mit etwa 5000 Euro ab, dann soll Ruhe sein. Das ist nicht einmal
    die Hälfte eines monatlichen Bischofsgehalts. Viele Opfer, von denen eine
    große Zahl in schlimmen sozialen Schwierigkeiten steckt, nehmen das
    Angebot an.

    Wie sehen Sie die Rolle von Papst Franziskus in der Debatte um die
    Aufklärung von sexuellem Missbrauch?

    Franziskus könnte derjenige sein, der endlich etwas ändert. Aber es
    genügt nicht, eine Kommission zum Thema zu berufen. Die Verbrechen müssen
    aufgearbeitet werden, auch wenn es weh tut. Vielleicht muss die Kirche ihre
    Güter für die Entschädigung der Opfer verkaufen. Aber nur durch die
    Aufarbeitung der Fälle könnte das Vertrauen wieder gestärkt werden und
    der Glaube an Jesus wieder aufblühen.

    Zur Person: Norbert Denef, Jahrgang 1949, wurde als Kind und Jugendlicher
    sexuell missbraucht. 35 Jahre nach den Taten sprach er erstmals über die
    Verbrechen. 2010 gründete er einen der inzwischen größten Opferverbände
    in Deutschland, das Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt, kurz
    netzwerkB. Denef ist Sprecher des Verbands.

    Das Interview führte Julius Müller-Meiningen, Italien- und
    Vatikan-Korrespondent

    Mehr auf netzwerkB:
    http://netzwerkb.org/2014/04/25/wie-salz-in-tiefen-wunden/

    -
    Für Rückfragen:
    netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
    Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091
    presse@netzwerkb.org
    www.netzwerkB.org

      Bildgröße ändern

      Aktuelles Datum und Uhrzeit: So 24 Nov 2024, 06:28