Tätersprache
Vertane Chance - Beschönigung statt Aufarbeitung
Ein Kommentar von Dr. Marcella Becker
http://netzwerkb.org/2015/05/10/tatersprache/
Manche Aspekte der derzeitigen Diskussion im schwulen Blätterwald um den
Felix Rexhausen Platz in Köln – feierliche Einweihung oder nicht, oder
gar doch anders benennen – ist würdelos und ein Schlag ins Gesicht
Betroffener von sexualisierter Gewalt.
Wilde Sexspiele
Rexhausen - ein Journalist und Buchautor, der sich auch für Menschenrechte
und Rechte der Homosexuellen eingesetzt hatte, publizierte 1969 unter einem
Pseudonym das Buch „Berührungen“, in dem er pädophile und
ephebophile Fantasien in Schilderungen von wilden Sexspielen von 14- mit 11
jährigen Jungs beschreibt. Während er Sex von Erwachsenen mit Sieben- und
Neunjährigen vielleicht noch hinterfragte, meinte er jedoch dass „Liebe
und Lust mit einem Fünfzehnjährigen“ durchaus eine andere Sache seien.
Diskurs wird abgeschmettert
Anstatt die Diskussion um die Persona Rexhausen als Anreiz zur Aufarbeitung
des Themas sexualisierter Gewalt gegen Kinder innerhalb der homosexuellen
Bewegung aufzunehmen, vertut man diese Chance und ergibt sich in den
üblichen Grabenkämpfen: Man verharrt in einer konsequenten
Defensivhaltung gegenüber schwulenfeindlichen Strömungen in der
Gesellschaft; die Keule des Vorwurfs der Pädophilen-Keule wird
geschwungen; man engagiert sich in Streitereien innerhalb der Szene.
Jeglicher kritische und analytische Diskurs wird abgeschmettert. Die Zeit
ist reif auch für die homosexuelle Community, sich damit
auseinanderzusetzen, dass es in der Tat Grenzgänger gab und gibt zwischen
sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und Homosexualität als
einvernehmliche Sexualität zwischen erwachsenen Partnern ohne
Machtgefälle.
Zelebrierte Grenzverletzungen
Ein gesundes Sexualempfinden (egal ob hetero oder homo) zu entwickeln war
generell eine Herausforderung im prüden Milieu der Nachkriegsjahre. Und
dass ein Teil des Zeitgeistes der 68er von der heutigen Perspektive aus
gesehen Grenzverletzungen zuließ und teilweise zelebrierte, ist nun auch
kein Geheimnis mehr.
Rexhausen‘s Buch wird – eben auch heute noch - ‚als literarischer
Text‘ gepriesen, dem man sich ‚mit literarischen Kriterien zu
nähern‘ habe. Die Stellen im Text mit Beschreibungen von “wilden
Sexspielen von 14- mit 11-jährigen Jungs‘ seien aus dem Kontext
gerissen.
Solcherlei literarische Argumentation geht an der körperlichen und
psychischen Realität von Jungen dieser Altersgruppen vorbei.
Anale Penetration
Wenn man sich die Unterschiede zwischen der physischen, emotionalen und
intellektuellen Entwicklung von 11 jährigen und 14 jährigen Jungen
veranschaulicht, dann ist eine (wenn auch nicht erfolgreiche sondern nur
versuchte) anale Penetration – wie sie Rexhausen beschreibt - zwischen
einem 11 und einem 14 jährigen eine Form von Gewalt. Ein solcher
Altersunterschied stellt eine inhärente strukturelle Gewalt bei
Sex‘spielen' dar.
Und egal in welchem politischen oder gesellschaftlichen Milieu es geschieht
– sei es in schön-geistigen elitären Zirkeln, reformpädagogischen
Zirkeln, heimlich in einem restriktiven religiösen Kontext, in linken
Gruppen, die sich vom Moder der Nachkriegsjahre befreien wollten, oder eben
auch homosexuelle Gruppen, die für eine Anerkennung und Akzeptanz ihrer
Sexualität kämpfen- Kinder und Jugendliche als Projektionsfläche für
erwachsene sexuelle Bedürfnisse zu benutzen ist immer eine Form von
Gewalt.
Dies zu verharmlosen ist Tätersprache.
Weiterführende Informationen:
http://netzwerkb.org/2015/05/05/padophilie-koln-sagt-feierliche-einweihung-des-felix-rexhausen-platzes-ab/
http://m-maenner.de/2015/05/absurd-kalter-kaffee/
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