Mainzer #Kindertagesstätte ‘Maria Königin‘
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In der Mainzer Kindertagesstätte ‘Maria Königin‘ soll es unter Drei-
bis Sechsjährigen über Monate hinweg zu sexualisierter Gewalt gekommen
sein - ErzieherInnen wurden gefeuert.
Wieso eine unkonventionelle Art der Entlassung von MitarbeiterInnen und die
Ablehnung von Verantwortung das Bandenwesen sowohl ermöglicht als auch
bedingt und am Ende die Entlassung der MitarbeiterInnen begründet.
Die vorgenommene Entlassung ihrer sieben Angestellten hat dem Träger der
Mainzer Kita Maria Königin bislang kaum öffentliche Kritik eingebracht.
Man könnte meinen, die ErzieherInnen hätten mit ihrem dienstlichen
Verhalten das Geschehene allein ermöglicht und hervorgebracht und es damit
auch allein zu verantworten und im ganzen Land sei das allen völlig klar.
Tatsächlich aber begibt sich der Träger aus seiner Verantwortung heraus
und wird darin bislang weitgehend in Ruhe gelassen.
Dabei verstärkt er dadurch nochmals einen Kreislauf, der mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein tatsächlicher Faktor zur Ermöglichung der
skandalösen Vorgänge ist: er bestätigt das Nicht-Reden mit seinen
Angestellten, die Nicht-Auseinandersetzung mit den grundlegenden Strukturen
innerhalb seiner verwalteten Arbeitsstätten. Oder anders gesagt, die
verantwortliche Ebene, die sogenannte Führungsebene, gibt wie
selbstverständlich die Verantwortung an seine ausführende Ebene, die
Angestellten, ab, sobald etwas zu sehr schief läuft und lässt damit diese
mit ihrer Klientel, den Kindern, deren Eltern und Angehörigen nämlich, im
Stich.
Man will mit all dem nichts zu tun haben
Mit dieser Haltung aber, die auch noch deutlich demonstriert wird,
verändert man jene Strukturen nicht, die zum Skandal geführt haben. Es
wird nicht mal als real akzeptiert, dass es entsprechende Strukturen gibt,
sondern es wird der Anschein erweckt, es läge an sieben Personen, die man
damals dann wohl irrtümlich eingestellt hatte.
Hier tut sich eine Kluft auf zwischen zweierlei Positionen von Menschen –
je nachdem, wo man steht – und nicht nur in diesem Fall.
Es gelingt in manchen Positionen erstaunlich leicht, Verantwortung zu
negieren, ohne daran gehindert oder manchmal gar nur dafür kritisiert zu
werden, so als würde es kaum noch bemerkt werden, während auf der anderen
Seite der Kluft, wo die Verantwortung nicht verleugnet werden kann, ja wo
Menschen wie diese ErzieherInnen geradezu in die Verantwortung entlassen
werden, Vereinzelung, Sprachlosigkeit, Auflösung von Struktur, von Bindung
und Vertrauen und teilweise ein Zerfall der Verhaltenskultur eingesetzt
hat.
So kann es kommen, dass Eltern ihre Kinder aus der Kita abmelden, aber
sonst nichts weiter unternehmen, sondern wahrscheinlich froh sind, dass sie
überhaupt noch Handlungsmöglichkeiten haben und nicht völlig der
Willkür des sich abspielenden Szenarios ausgesetzt sind. Ein paar Mittel
sind womöglich noch da: das Wissen von anderen Kitas in der Nähe, die
Wahrnehmung davon, dass etwas nicht stimmt, etwas Geld (genug zumindest),
um sich eine andere Kindertagesstätte zu leisten, Zeit und
Entscheidungsfähigkeit.
Was fehlt, ist Vertrauen
Vertrauen in das Gesetz, in die Kita-Leitung und den Träger, Vertrauen in
den Staat – in die verantwortlichen Ebenen eben, aber selbst das
Vertrauen in die Nachbarschaft bzw. in andere Eltern, in Mitbetroffene ist
vielfach verloren gegangen.
Selbst die anderen Eltern wurden in diesem Fall nicht informiert. Und
Gründe dafür sind leicht zu vermuten: vielleicht wird man von anderen
nicht verstanden. Oder man muss nah miterleben, dass da Eltern sind, die
nicht verstehen, dass da was vor sich geht, was nicht in Ordnung ist.
Eltern, die keine Orientierung haben, was denn nun Ordnung überhaupt ist,
oder die einfach kein Geld haben. Oder man wird missverstanden,
angegriffen, beschimpft. Vielleicht trifft man auf Eltern, die genau das,
was in dieser Kita in der einen Form vor sich ging, zu Hause mit ihren
Kindern auch, in irgendeiner anderen Form, tun.
Weiß man das noch? Seien wir ehrlich: es ist einfach nicht
selbstverständlich, anzunehmen, dass in der Nachbarschaft alle ihre Kinder
lieben und nur deren Bestes wollen und alles dafür tun, dass es ihnen gut
geht. Seien wir so mutig und gestehen es ein: die Zeit, völlig sorgenfrei
an dieses Märchen zu glauben, ist vorbei.
Aber eben nicht für alle! Genügend halten noch daran fest, und wollen von
möglichen Missbrauchsfällen nichts wissen.
Und damit nicht genug. Die Zeit, an dieses Märchen zu glauben, mag vorbei
sein für einige, die verstanden haben, aber – und das ist das Dilemma
– es gibt keine auch nur annähernd ausreichende staatliche Handhabe,
keine Aufmerksamkeit in der Allgemeinheit, es gibt keinen Platz, an dem
jemand unbekümmert diese Erkenntnis mitteilen könnte ohne Repressalien
fürchten zu müssen.
Soziales Miteinander
Zurück zu den Eltern, die ihre Kinder abgemeldet aber sonst nichts getan
haben und zu ausgearteten Vorgängen in der Kita Maria Königin und dessen
Träger, der mal so eben seine Angestellten feuerte.
Das ist möglich, weil das ganze Umfeld des sozialen Miteinander und das
ganze, dies tragende System in einer Krise steckt, weil das tragende System
nichts mehr trägt außer sich selbst mit den Kräften derer, die noch
irgendwas erarbeiten, was wirklichen Wert hat.
Und so ist jene Mutter und jener Vater wohl froh, der aus dem Krisenherd
für den Moment entkommen und ein Problem umgehen kann.
Auf dieser Seite der Kluft gibt es kaum noch Handhabe, nur noch vielleicht
gibt es eine Chance auf Verständnis und Unterstützung. Die Erfahrung von
Selbstbestimmung, von so etwas wie Eigenmächtigkeit, von Macht eben, ist
gering.
Unter diesen Umständen ist es keineswegs eine überraschende Beobachtung,
dass sich Banden gründen. Dass dies auch bei Vorschulkindern geschieht ist
das Sensationelle an diesem Skandal, aber eben auch nur deswegen, weil
diese Kinder übergriffig und missbräuchlich zu handeln in der Lage waren.
Mit „Fantasie“ hat das nichts zu tun.
Was geschieht in einem Feld, in dem Eigenmächtigkeit, also kurz und kalt
„Macht“ genannt, abgezogen wird? Was geschieht mit dem Rest an Macht,
die noch auffindbar ist? Wo Menschen sind, entsteht Macht. Man kann über
Menschen Macht haben und ausüben. Dafür reicht einer und ein anderer.
Wenn in einem Feld, dem Millionen Menschen innerhalb eines Staates
angehören, kaum noch Eigenständigkeit vorhanden ist, bilden sich
automatisch Zusammenschlüsse, die sich innerhalb dieser unangenehmen
Bedingungen, wenigstens ein Stück weit Autonomie zu bewahren versuchen.
Das kann man in einem Miteinander versuchen zu organisieren – dann
spricht man von Gruppen oder Gruppierungen – oder es wird zur
Unterdrückung anderer getan, dann wird möglicherweise von Banden
gesprochen.
Eine Bande kann zum Ziel haben, den Rest der verknappten Machtressourcen zu
beanspruchen, um sich den Zugriff auf die in ihrer Reichweite befindlichen
Menschen zu sichern. Das gibt Sicherheit und Handhabe zurück.
Oder sie kann vielleicht ohne Wissen ihres eigenen Tuns agieren, rein
triebhaft gesteuert also und ahmt ohne Rücksicht schlicht das nach, was zu
ihrer eigenen Lage geführt hat.
Und was zur eigenen Lage führt, dürfte Menschen bekannt sein, denn es
handelt sich um die Stimmungen, Handlungen, Taten, Haltungen usw., die sie
täglich erleben und denen sie nicht entgehen können. Man muss diese nicht
verstehen – man kennt sie tiefgründig! Es ist das alltäglich erlebte
Handeln gegen Unterlegene!
Ist es nicht wahrscheinlich, dass jene kleinen Knirpse, wie man sie noch
nennen mag, genau so zu ihrem Tun gekommen sind? Ihnen ist das Handeln
gegen Unterlegene wahrscheinlich bekannt. Wem ist das nicht bekannt? Es ist
allen bekannt! Und seit diesem Fall, lässt sich ahnen, dass es auch
Kleinkindern bekannt ist.
Macht-über-andere-ausüben
Nicht verhandeln! Keine Verantwortung für etwaige Schäden des anderen
anerkennen!
Manch anderes ist gänzlich unbewusst, wahrscheinlich nicht nur bei
Kindern: Sich mit ein paar anderen zusammentun und dann etwas ausagieren;
etwas tun, was etwas anderes im Inneren abhält, sich bemerkbar zu machen
und zu Gefühl zu werden.
Ohne dass man weiß, warum man überhaupt tut was man tut, tut man es. Das
bedeutet es, triebgesteuert zu sein!
Und wenn es einen Sinn macht, auch wenn einem selbst dieser Sinn nicht
zugänglich ist, beginnen Menschen, auch Knirpse wie man sieht, sich dieses
Feld, in dem das gelingt, erhalten zu wollen und so sorgten auch sie
dafür, dass es erhalten blieb, denn es sicherte womöglich das Ausleiten
von inneren angestauten, schrecklichen Gefühlen, denen um jeden Preis
ausgewichen werden möchte. Damit ist der Mensch, der so handelt beim
Macht-über-andere-ausüben angelangt. Wie von selbst. Oder eher, wie ohne
sich selbst. Denn das ist wahrscheinlicher der Fall.
Aber diese Kinder müssen einen inneren Grund gehabt haben (und haben ihn
noch immer – da nützt die Entlassung der ErzieherInnen rein gar
nichts!), dass sie ihre übergriffigen Handlungen weiter fortführten und
immer wiederholten. Sie haben einen Grund. Und obwohl es erst kleine Kinder
sind, finden sie sich in einer Gesellschaft, die gewillt ist, nichts weiter
zu unternehmen, was sie betrifft!
Überlebenskampf allerorten gegen gemeinsames Sein und Gestalten. Ist das
unsere Gesellschaft? Ist das noch Gesellschaft? Wohl kaum. Aber es ist
Tatsache, es ist Fakt, was in Maria Königin geschehen ist.
Jedenfalls ist das Tun an sich, auch das von kleinen Kindern hier (in
unserer Gesellschaft) schon lange vorhanden. Irgendwo müssen sie es ja her
und erlernt haben. Und jedenfalls führt eine so beschriebene Zerklüftung
zwischen Menschen inmitten ihrer Berührungspunkte und Beziehungsfelder
allerorts zu vielfältigen Abwehrhandlungen, denn Beziehung und
Gemeinschaft sind Grundbedürfnisse eines jeden Menschen. Sind diese nicht
gegeben wird triebhaftes Handeln stärker, notgedrungen ist das so! Das
Triebhafte kann nur dann reguliert werden, wenn Bedrohungen, die ein Mensch
erlebt, durch Gemeinschaft so erscheinen, dass sie zu bewältigen seien.
Bei Zusammenbruch des notwendigen sozialen Zusammenhalts ist das Entstehen
von wahl- und ziellosen Zusammenschlüssen (oder Banden) zu erwarten und in
diesem Fall ist es sogar bei Kleinkindern aufgetreten, die eine Kita zu
einem Platz des Ausagierens, wahrscheinlich von Aggressionen und
unverstandenen Schmerz, Rache und Lust an der Macht über andere machen
konnten. Auch weil die dort vorhandene Struktur einem solchen Treiben
nichts entgegensetzte und das sollte den Träger interessieren!
Dies ist für die „zuständige“ katholische Kirche aber dann wiederum
zur Begründung erwachsen, ihr dort eingestelltes Personal zu entlassen.
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Im Zusammenhang mit dem Positionspapier kann und soll die Karikatur gern
veröffentlicht werden:
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